Tourdaten:
1.500 Höhenmeter
22 Kilometer
Stubaier Alpen
Startpunkt: Stubaital -> Oberbergtal
Also wo soll man nur anfangen. Naja, fangen wir bei einem Klassiker für all jene an, die auch irgendwann mal auf einem 3.000er stehen wollen. Die Rinnenspitze ist ein exakt 3.000 Meter hoher Berg im zentrum der Stubaier Alpen. Sie liegt recht nah an der berühmten Franz-Senn-Hütte und damit auch am ebenso berühmten Stubaier Höhenweg, womit ihr eine gewisse Bekanntheit vorauseilt.
Wir machen uns also auf, um den letzten der Seven Summits of Stubai zu besteigen – eine Reihe von Bergen, die der Tourismus Verband Stubai auf ganz eigene Art und Weise beschreibt. Ich kann dahier diesen Link vor allem dann empfehlen, wenn man einzelne dieser Gipfel bereits kennt – das garantiert herzhafte Lacher, möchte einem das Stubaital ja tatsächlich einreden, dass die Seilbahngipfel Zuckerhütl, Elferspitze und Hoher Burgstall irgendetwas mit den Adjektiven „zurückhaltend“, „schüchtern“, oder gar „überzeugend“ zu tun hat. Doch um die seit Jahren offene Liste doch noch zu vervollständigen – und weil uns dank Sehnenzerrung im Unterarm wahrlich kein besseres Alternativprogramm eingefallen ist – packen wir die Rinnenspitze an und nehmen euch mit, damit ihr auch einen Gipfeltipp mit Eindrücken kriegt.

Der Start liegt in Seduck. Seduck ist bekannt dafür, dass es einen der begehrtesten Parkplätze der jüngsten Vergangenheit beherbergt. Der einfache Grund liegt darin, dass der Parkplatz der Oberissalm seit einem Murenabgang vor einigen Jahren nicht mehr erreichbar ist. Die Verbände und die Franz Senn Hütte betonen gebetsmühlenartig, dass diese Sperrung an den Behörden liegt und sich alle furchtbar darüber ärgern. Lokal ist es aber ein offenes Geheimnis, dass seit der Sperre der Zufahrtsstraße (die seit Jahren wieder freigegeben werden könnte inkl. Umfahrungsweg) viele Betriebe auch davon profitieren, dass viele Touren nun „zu lang“ für eine Tagestour sind. Ein Schelm, wer böses denkt. Von Seduck aus gilt es bei dieser Tour nun sportliche 22 Kilometer insgesamt und 1.500 Höhenmeter zu überwinden. 11 Kilometer pro Richtung ist bei diesen Höhenmetern jedenfalls etwas für geduldige. Den Weg bis zur Oberissalm kann man sich aber kürzer gestalten, indem man ein Radl einplant, welches man knapp hinter der Alm gut abstellen kann. Ohne Rad kommt man zwar nicht in den Genuss des schnellen Zustiegs, dafür kann man zahlreichen Murmeltieren in ihrem voyeuristischen Alltag beobachten.

Nach der Oberissalm, die über sanfte, ja, sehr sanfte Anstiege der Forststraße erreicht wird, geht es deutlich sportlicher bis zur Franz-Senn-Hütte auf 2.147 Metern Höhe. Sie ist bekannt als wichtiger Stützpunkt am Stubaier Höhenweg und vor allem für ihre frechen Preise. Diese Bahn hat eine große Materialseilbahn und eine gut ausgebaute Infrastruktur – ruft aber Preise ab, die einer Sterneküche am Gipfel Denalis gleichen. Davon kann man halten was man will – das Essen ist teilweise sehr gut, teilweise sehr ok. Der Kaiserschmarrn jedenfalls repräsentiert nicht das, was die Tiroler Küche potenziell liefern kann.

Von der Franz Senn Hütte startet man dann eine kurzzeitige Wattwanderung, da rund um die Hütte sich durch den flachen Standort sehr schnell das Schmelzwasser der umliegenden Gletscher hier aufstaut. Gerade nach Regenfällen kann der Aufstieg zum schönen Rinnensee ein durchaus nasses Unterfangen werden. Die Markierungen leiten einen sehr schön durch die verspielten Grashänge der südseitigen Flanke, wobei mit steigender Höhe auch ein zunehmender Wind zu erwarten ist. Man ist ab 2.400 Metern ja dann doch immerhin schon ein wenig in Richtung Hochgebirge unterwegs. Verspielt sind zumal auch die Murmeltiere in der Region – doch immer wieder soll und muss man betonen, dass diese NICHT gefüttert werden sollen. Es handelt sich, egal wie süß sie auch sein mögen, weiterhin um Wildtiere und es ist nichts schön daran, wenn ein Murmeltier handzahm ist. Bis zum Rinnensee ist der Weg erstaunlich sanft ansteigend angelegt. Das fördert zum einen die Motivation beim Aufstieg, zum anderen fördert es aber auch die Kilometer in den Beinen, was nach der Seduck-Oberissalm Strapaze nicht mehr zwingend notwendig gewesen wäre, aber mei, solang zum Meckern die Kraft reicht, kanns nicht so schlimm sein.

Will man auf „kürzestem“ Weg auf die Rinnenspitze, so gelangt man nicht unmittelbar zum Rinnensee. Wer den Rinnensee als Abkühlung nutzen möchte, muss hier also nochmal ein paar Minuten Umweg einrechnen – der See ist unfassbar kalt, die Temperaturen auf der Höhe in der Regel auch nicht heiß genug, um diese Möglichkeit wirklich in Anspruch nehmen zu wollen. Geht man am Wegweiser direkt in Richtung Rinnenspitze, dann werden nochmal die letzten 400 Höhenmeter in Rechnung gestellt. Und die bezahlt man nach einem an diesem Punkt doch schon etwas länger dauernden Anstieg teuer. Bis zu dem markanten Wegweiser beim Rinnensee haben wir die angegebene Zeit von unten weg um etwa 60 Minuten unterboten. Die 45 Minuten, die vom Rinnensee zum Gipfel angegeben sind, haben wir jedoch nicht mehr geschafft zu unterbieten – dafür waren wir schon geschafft.

Der Gipfelhang stellt dann nochmal ein paar Ansprüche. Man darf gelegentlich die Hände zur Hilfe nehmen, wenn Trittstufen im glatten Fels und ein Stahlseil zur Hilfe bereitstehen. Auch als Purist sollte man sich nicht dazu verleiten lassen die künstliche Unterstützung kraxelnd zu umgehen. Auch wenn das Kristallin durchaus fest wirken mag, ist es abseits des angelegten Weges überaus brüchig und nicht zu empfehlen. Vor allem im Sinne des potenziellen Steinschlags, der dabei auf Wanderer in Richtung Rinnensee hinabstürzen würde. Am x-fach begangenen Weg ist aber tatsächlich kein einziger lockerer Stein zu finden. An einer Stelle gilt es nochmal mit etwas Kraft sich nach oben zu wuchten (Achtung, dass die Wuchtgewichte um die Hüfte richtig verteilt sind), dann hat man es auch schon geschafft.


Hin und wieder findet man Seile, die ganz hilfreich sind. Manchmal aber auch Seile, die etwas wirr verlegt sind, so wie hier. Bei trockenen Verhältnissen wirkt das versicherte Gehgelände etwas überflüssig. Bei Nässe oder Neuschnee können diese besseren Drahtkabel aber durchaus eine wichtige Hilfe darstellen.


Am Gipfel der Rinnenspitze genießt man ein ausgesprochen tolles Panorama auf die Stubaier Alpen. Mit einem tollen Rundumblick kann man vor allem die verhältnismäßig großen Gletscher wie den Lüsener Ferner oder den Alpeiner Ferner, auf den eine Route auf die Ruderhofspitze führt. So gelangt man letztlich verhältnismäßig einfach auf einen tollen 3.000er mit einer recht guten Infrastruktur, die vielleicht (man darf ja noch träumen) früher oder später sogar noch besser wird, wenn der Start ab Oberiss wieder gestattet wird.
Der Abstiegsweg von der Rinnenspitze verläuft entlang des Aufstiegsweg. Man kann also den ganzen vorangegangenen Bericht nun rückwärtslesen und hat damit auch die Abstiegsbeschreibung perfekt verinnerlicht. Ein Stopp auf der Franz-Senn-Hütte ist durchaus nett. Vor allem die Knödelvariation möchte ich sehr empfehlen – den Kaiserschmarrn (man wirds ahnen) eher nicht. Für einen guten Kaiserschmarrn in großer Höhe empfehle ich euch auf jeden Fall man einen Besuch der Wiesbadener Hütte in Richtung Piz Buin. Großen Hunger sollte man aber mitbringen.
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